Bedeutung und Perspektiven in der Zeitarbeit
Die Betriebszugehörigkeit spielt in vielen arbeitsrechtlichen und personalpolitischen Kontexten eine zentrale Rolle. Sie beschreibt die Dauer, die eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer ununterbrochen in einem Betrieb oder bei einem Unternehmen beschäftigt ist. In der klassischen Festanstellung lässt sich die Betriebszugehörigkeit leicht bestimmen. In der Zeitarbeit hingegen, wo Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer häufig zwischen Einsatzbetrieben wechseln, stellt sich die Frage: Welche Bedeutung hat Betriebszugehörigkeit hier – und welche Auswirkungen ergeben sich für Zeitarbeitskräfte?
Was bedeutet Betriebszugehörigkeit?
Betriebszugehörigkeit – auch Unternehmenszugehörigkeit oder Beschäftigungsdauer genannt – beginnt mit dem offiziellen Eintrittsdatum eines Mitarbeitenden in ein Unternehmen und endet mit dessen Ausscheiden. Sie ist ein wichtiger arbeitsrechtlicher Anknüpfungspunkt für:
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Kündigungsfristen
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Abfindungen
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Urlaubstage
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Jubiläumszahlungen
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Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
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Tarifliche und gesetzliche Sonderregelungen
In tarifvertraglichen oder betrieblichen Vereinbarungen kann festgelegt sein, dass bestimmte Vorteile, Vergünstigungen oder Ansprüche an eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit geknüpft sind.
Besonderheiten in der Zeitarbeit
In der Zeitarbeit sind Zeitarbeitskräfte bei einem Verleiher (Personaldienstleister) fest angestellt und werden an verschiedene Einsatzbetriebe überlassen. Für die Frage der Betriebszugehörigkeit ist dabei ausschließlich das Arbeitsverhältnis mit dem Zeitarbeitsunternehmen entscheidend – nicht die Dauer einzelner Einsätze bei Drittfirmen. Das bedeutet:
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Auch bei häufigem Wechsel des Einsatzortes bleibt die Betriebszugehörigkeit beim Personaldienstleister erhalten.
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Arbeitsunterbrechungen (z. B. bei unbezahltem Urlaub oder Krankheit) können die Betriebszugehörigkeit beeinflussen, sofern sie nicht tarifvertraglich geregelt sind.
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Bei einer Übernahme durch den Einsatzbetrieb beginnt die Betriebszugehörigkeit in der Regel neu, es sei denn, es wird eine Anrechnung vereinbart.
Auswirkungen der Betriebszugehörigkeit in der Zeitarbeit
Auch im Zeitarbeitskontext bringt eine längere Betriebszugehörigkeit zahlreiche Vorteile mit sich – sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Unternehmen:
1. Erweiterte Kündigungsfristen
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 622 BGB) verlängert sich die Kündigungsfrist des Arbeitgebers mit zunehmender Dauer der Betriebszugehörigkeit. Auch in Tarifverträgen der Zeitarbeitsbranche wie dem iGZ-DGB- oder BAP-DGB-Tarifvertrag finden sich entsprechende Regelungen.
2. Anspruch auf Sonderleistungen
Viele tarifliche und betriebliche Leistungen sind an die Dauer der Betriebszugehörigkeit gekoppelt, etwa:
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Urlaubs- und Weihnachtsgeld
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Sonderurlaub
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Jubiläumszuwendungen
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Zuschläge für langjährige Mitarbeitende
3. Aufstiegschancen und Entwicklungsmöglichkeiten
Langjährige Mitarbeitende haben oftmals bessere Chancen auf interne Weiterentwicklung, z. B. durch Schulungen, Übernahme in feste Positionen oder Führungsverantwortung innerhalb des Zeitarbeitsunternehmens.
4. Vertrauensverhältnis und Verlässlichkeit
Personaldienstleister schätzen die Erfahrung und Zuverlässigkeit langjähriger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese genießen häufig bevorzugte Einsatzmöglichkeiten, vor allem in sensiblen oder anspruchsvollen Tätigkeitsfeldern.
Einfluss auf das Onboarding und Recruiting
Zeitarbeitsunternehmen, die auf eine hohe Mitarbeiterbindung setzen, profitieren doppelt: Sie müssen weniger Zeit und Ressourcen in die Einarbeitung neuer Kräfte investieren und erhöhen gleichzeitig ihre Arbeitgeberattraktivität. Die Aussicht auf langfristige Beschäftigung mit wachsender Betriebszugehörigkeit ist ein starkes Argument im Recruiting-Prozess.
Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten
Gerade in der Zeitarbeit, wo Flexibilität und wechselnde Einsatzorte Alltag sind, ist es eine Herausforderung, Mitarbeitende langfristig zu binden. Eine gezielte Personalstrategie kann helfen, die Betriebszugehörigkeit zu fördern. Dazu gehören:
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Attraktive Benefits, die mit wachsender Zugehörigkeit steigen
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Karriereplanung und Weiterbildungsangebote
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Regelmäßige Feedbackgespräche
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Transparente Kommunikation von Entwicklungspfaden
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Anerkennung von Treue, z. B. durch Jubiläumsfeiern oder Prämien
Betriebszugehörigkeit im Zusammenhang mit Equal Treatment
Auch in Bezug auf das Prinzip Equal Treatment, das Zeitarbeitskräften nach einer bestimmten Einsatzdauer beim selben Kundenbetrieb Gleichstellung mit der Stammbelegschaft zusichert, spielt Zeit eine Rolle. Allerdings bezieht sich diese Regelung auf die Dauer im Einsatzbetrieb – nicht auf die Betriebszugehörigkeit beim Verleiher.
Fazit
Betriebszugehörigkeit ist ein zentrales Kriterium für zahlreiche arbeitsrechtliche, tarifliche und personalpolitische Entscheidungen – auch in der Zeitarbeit. Sie wirkt sich auf Kündigungsfristen, Sonderzahlungen, Entwicklungsmöglichkeiten und das gegenseitige Vertrauen aus. Für Zeitarbeitsunternehmen ist es daher lohnend, die Betriebszugehörigkeit nicht nur zu dokumentieren, sondern aktiv zu fördern – etwa durch bindungsorientierte HR-Maßnahmen und transparente Karrierewege. Langjährige Mitarbeitende sind ein Erfolgsfaktor, den es gezielt zu stärken gilt.